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Eine mehr als gute Nachricht vom erwachenden schwarzen Kontinent

Aktualisiert: 9. Mai 2019


Gedenken an Ruanda - in vielen Fernsehkanälen und in vielen Zeitungen! Vor 25 Jahren wurden für die ostafrikanische Bevölkerungsgruppe der Tutsi die schlimmsten apokalyptischen Vorstellungen über das Ende der Welt vorgezogene Realität.  In nur 100 Tagen wurde jeder, der von der entfesselten Horde der Hutu- Milizen als Tutsi betrachtet wurde, auf der Stelle abgeschlachtet. Auch die Hutus, die den Schlächtern Einhalt gebieten wollten, wurden gleich mitmassakriert.


In der Nacht von 6. auf 7. April war das Flugzeug des amtierenden Staatspräsident Habyarimanas abgeschossen worden. Er war Hutu. Für eine Klärung, wer denn eigentlich für den verheerenden Abschuss verantwortlich war, war keine Zeit. Denn schon am 7. April brach das unvorstellbare Morden aus, nach heutiger übereinstimmender Meinung schon lange vorbereitet. Die Morde blieben keineswegs auf die Milizen beschränkt, sondern der Nachbar, der Fremde, der langjährige Bekannte wurden zum Mörder. Die Opferbilanz dieser 100 Tage hat eine grauenhafte Schwankungsbreite: Mindestens 500 Tausend bis 1 Million! Der heutige Präsident Paul Kagame startete mit der RPF Rebellenarmee von Uganda aus einen Feldzug gegen die mordenden Horden. Die 100 Tage war die Zeit, die es brauchte, um die Hauptstadt Kigali zu erorbern. Es wäre sonst weitergemordet worden.

Wie eine schwere Wolke liegt dieses grauenhafte Ereignis immer noch über dem Land. Kein Bericht über Ruanda 2019 vergisst das zu erwähnen, Doch das Land hat unterhalb dieser dunklen Wolke eine unglaubliche Wende geschafft und enorme Anstrengungen unternommen, um seine Zukunft in die Hand zu nehmen. Aus Ruanda wurde eines der saubersten Länder mit vorbildlichem Straßennetz, Internetzugang und Mobilfunk. Auch im Kampf gegen eines der schlimmsten Geschwüre Afrikas, die unglaublich allgegenwärtige Korruption kann die Regierung unstrittige Erfolge verweisen. Die Identitätsbezeichnung Hutu und Tutsi wurde offiziell abgeschafft. Die neue Regierung hat zum Nationalfeiertag einen gemeinsamen Arbeitstag einfgeführt, an dem alle ohne Unterschied ihrer Position oder Ausbildung sich an kommunalen Arbeitseinsätzen beteiligen. Nicht immer ganz freiwillig. Die Polizei kontrolliert die lückenlose Teilnahme und bestraft sogar mit 5 € diejenigen, die sich zu drücken versuchen. "Wir sind Ruanda" ist das neue Motto geworden. Man scheint die grauenhaften Ereignisse als ein Podest verwenden zu wollen, an dem man sich gemeinsam abstoßen kann. Es ist die Zeit wert, mehr als einen der zahlreichen Berichte zu lesen, die man zum Jubiläum allenorts finden kann. In den Mediatheken lassen sich auch über Tage hinweg noch die Berichte der Fernsehsender aufrufen, falls man den Tag der Sendung verpasst hat.


Eine Initiative, die gelegentlich auch Erwähnung findet, sprengt jedoch deutlich den Rahmen einer guten Meldung zum Tag. Es ist vielmehr eine Sensation des Guten. Selbstverständlich macht sie nicht alles das ungeschehen, was in Ruanda noch ganz und gar nicht gut ist. Trotzdem halte ich es doch für reichlich anmaßend, die Leistung dieser Menschen deswegen gleich wieder zu relativieren. Ich verbeuge mich somit zutiefst vor der Initiative der "Dörfer der Versöhnung".

In diesen Dörfern wohnen Menschen, die sich entschlossen haben, wieder im Alltag einer Dorfgemeinschaft  zusammenzuleben, obwohl sie die Mörder und Angehörige der Opfer waren und weiter sind. Mörder, die ihre Strafe abgesessen haben Tür an Tür, manchmal auch erst mal am Dorfrand, aber mit dem erklärten Ziel einer Wiedereingliederung. Mitunter benötigt es auch geschulte Begleitung und Mediation, aber das Unmögliche passiert!


Vor 25 Jahren stand Ruanda völlig alleine. Sogar eine UNO-Friedenstruppe befand sich im Land, doch die am Einsatz beteiligten Nationen zogen sogar Truppen ab. Derzeit hält sich die EU-Spitze in Ruanda auf, um am nationalen Gedenken zu diesem unvergleichlichen Trauma Anteil zu nehmen. Für Frankreich, dem eine starke Parteinahme für die vorher herrschende Präsidentenfamilie und seiner Armee vorgeworfen wird, hat Präsident Macron sogar einen eigenen Feiertag ausgerufen, sich klar zu seiner historischen Verantwortung bekannt und ruandischen Volks seine Solidarität bekundet.


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