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Notiert in Leipzig: der hilflose Koloss

Im Süden Leipzigs befindet sich ein Denkmal, das schon mit seinen 91 Metern Höhe einer letztlich doch zu großen Botschaft gerecht zu werden sucht. Jener 92.000 von 600.000 Soldaten aus 12 Ländern, die in der Armee Napoleons oder derjenigen der verbündeten Monarchen von Schweden, Russland, Preußen und Österreich in der Völkerschlacht vor Leipzig in den nur vier Tagen vom 16. bis 19. Oktober 1813 zu Tode kamen wird an diesem Platz gedacht. 


Von der später "Monarchenhügel" genannten Anhöhe haben die angeführten Majestäten die Kämpfe verfolgt und die jeweiligen Meldungen der Truppenteile erhalten. Sie wurden - so liest man - "Zeugen der außerordentlichen Tapferkeit ihrer Truppen." 




15 Jahre nach der Grundsteinlegung und 100 Jahre nach der historischen Schlacht wurde das Denkmal am 18. Oktober 1913 eingeweiht. Monarchen aus ganz Europa, auch Kaiser Franz Josef I. aus Österreich nahmen an den Feierlichkeiten teil, bei denen ganz Leipzig auf den Beinen war.

Zu diesem Zeitpunkt war bereits die Internationale Friedensbewegung mit Idealisten wie Bertha vo Suttner und Alfred Hermann Fried samt ihren Vorschlägen eines internationalen Schiedsgerichts bei vielen der hier anreisenden gekrönten Häuptern vorstellig geworden. 1899 und  1907 hatte es bereits Internationale Konferenzen gegeben, die nächste sollte 1914 stattfinden. Eine konkrete Idee wie die des Schiedsgerichtes, das neue Kriege verhindern hätte können, wollte aber in jene Zeit noch nicht so recht hineinpassen.

Im Rückblick gesehen gleichen die Bemühungen der Friedensaktivisten beinahe einem Wettrennen mit den erstarkenden nationalistischen Bestrebungen, die auch neue Spannungen unter den Völkern Europas verstärkten. Ohne diese Stimmungsänderung wäre auch die im Jahr 1914 allerseits dokumentierte Kriegseuphorie nicht möglich gewesen. Den sich entwickelnden Spannungen entgegenzuwirken und der etwa für Bertha von Suttner schon bedrohlich wachsenden Kriegsgefahr in einem frühen Stadium noch Herr zu werden, wäre am Rande der Feierlichkeiten durchaus Gelegenheit gewesen.

Erst zwei Monate vor den Festlichkeiten von Leipzig war am 28. August 1913 in Den Haag der Friedenspalast feierlich eröffnet worden. Dort hätten die nächsten Konferenzen stattfinden sollen. Der vor dem Mahnmal liegende "See der Tränen um die Gefallenen" könnte also mit gutem Recht auch als See der Tränen um die vertanen Chancen dieses Jahres gedeutet werden.

In der Erklärung des österreichischen Kaisers zum Kriegsbeginn wird der absehbare Schmerz bedauert, der dadurch für die Völker der Monarchie nicht zu vermeiden sein wird. Doch - so sein Seufzer - die Vorsehung hat anders entschieden! Drei Gründe führt der 84-jährige Monarch am 28. Juli 1914 an, die den Krieg  aus seiner Sicht unvermeidbar machen:

Wahrung der Ehre meiner MonarchieSchutz ihres Ansehens und ihrer Machtstellungdie Sicherung ihres Besitzstandes

Diese Gründe wachsen sich zu einer Ungeheuerlichkeit aus, wenn man die Konsequenzen dieser ehrenhaften Entscheidung bedenkt. Erst 1919, zehn Millionen gefallene Soldaten und zehn Millionen zivile Opfer später erhielten die Ideen der einen Monat vor Kriegsausbruch verstorbenen Bertha von Suttner eine zweite  Chance. Der Völkerbund wurde gegründet. Trotz vieler Anläufe gelang es weiterhin noch nicht, den Völkerbund so zu stärken, dass er einen weiteren Weltkrieg hätte verhindern können. Es mussten auch noch 60 Millionen direkt im zweiten Weltkrieg sterben, bevor es eine dritte Chance gab. Aufbauend auf die Vorarbeiten der Friedensbewegungen und die (schlechten) Erfahrungen des Völkerbundes konnten nur Monate nach Kriegsende die Vereinten Nationen gegründet und 1948 die Universelle Deklaration der Menschenrechte unterzeichnet werden. Nach der jahrzehntelangen Lähmung durch den Kalten Krieg gab die UNO mit der Erarbeitung der globalen Nachhaltigkeitsziele, der Agenda 2030 wieder ein starkes Lebenszeichen.

Es ist nicht der einzige Bereich, in dem erst nach unnachgiebiger Bemühung Früchte sichtbar werden. Selbstverständlich ist all das Erreichte weiterhin zerbrechlich und durchaus umkehrbar. Und doch ist es auch ein Hinweis, was alles trotz Rückschlägen auf dieser Welt schon erreicht wurde.Ein Hinweis auch, dass es sich lohnt, für die Verbesserung des Lebens im Diesseits, im Hier und Jetzt zu kämpfen. 

Mehr Hintergründe zu diesem Thema und andere gute Nachrichten zu einer Welt, die erst in Entwicklung ist, finden sich in meinem Buch: Gott - befreit von Religion, das noch im ersten Halbjahr 2019 erscheinen wird.




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